Nie gehörte Geräusche
Wir quälten uns über die Baumgrenze, und dann lag er unter uns, der immergrüne Regenwald.
Doch was war passiert? Er war nicht grün. Genaugenommen hatte er überhaupt keine Farben. Was wir zu
sehen bekamen, war eine Abstufung verschiedener Grautöne hinter einer nahezu undurchdringlichen Nebelschicht.
Es war nicht zu fassen. Die Kontraste wurden immer schwächer, umso weiter wir den Berg hinaufstiegen und uns
vom Wald entfernten. Ich war unendlich frustriert. Ich ließ mich nieder und beschloß, keinen weiteren
Schritt mehr zu tun. Sollten sie doch ihren Gipfel bezwingen. Ohne mich. Michael und Leon ließen mich auf
halber Höhe zurück.
Ich saß mutterseelenalleine am Hügel und konnte die
Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich starrte hypnotisiert auf das unendliche Grau zu meinen
Füßen. Die Luft war voll von unterschiedlichsten Geräuschen. Tropische Vögel waren
kilometerweit zu hören. Schimpansen, die auf Flachbrettwurzeln trommelten, erzeugten ein berührendes
Konzert. Die Schreie unterschiedlichster Meerkatzen mischten sich mit den Lauten unzähliger Frösche.
Es waren Geräusche, die ich nie zuvor gehört hatte, in einer unglaublichen Intensität, die einem
den Atem raubte. Wahrscheinlich wäre dieser Moment einer der schönsten in meinem Leben gewesen, wenn
ich nicht so unglücklich darüber gewesen wäre, daß das Foto, von dem ich solange geträumt
hatte und dessentwegen ich all die Anstrengung auf mich genommen hatte, niemals geschossen werden würde.
Zumindest nicht von mir. Oder zumindest nicht jetzt und hier.